Sozialverträglich energetisch sanieren: Fachleute fordern Modernisierungsumlage und Förderregime zu verbessern

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Die Wärmewende ist zentral, damit Berlin seine Klimaschutzziele erreichen kann. Doch Mieter*innen fürchten eine zusätzliche Belastung, wenn die Kosten energetischer Sanierung auf die Mieten umgelegt werden. Daher ist aus ihrer Sicht ein sozialverträglicher Klimaschutz besonders wichtig. Wie also kann die Wärmewende sozial ausgewogen ausgestaltet werden? Um diese Fragen zu diskutieren, luden das Öko-Institut und das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in ihrem Projekt „Sozial-ökologische Wärmewende“ des Forschungsverbundes Ecornet Berlin Fachleute aus Mieterorganisationen, eines Sozialverbands, der deutschen Umwelthilfe, des Umweltbundesamts und der Hochschule für Wirtschaft und Recht zu einem Austausch ein. Fazit des Fachgesprächs: Die sozialverträgliche Umsetzung von energetischen Sanierungen ist kein Selbstläufer, sondern hierfür braucht es mehr Anreize und kohärentere Politikansätze, die Sozialpolitik und Klimapolitik zusammenbringen. Zentral sind dabei neue Regelungen zur Verteilung der Modernisierungsumlage sowie Fördermittel. Bisherige Ansätze müssten rasch ausgebaut werden.

Welche Mieter*innen sind besonders vulnerabel?

In dem Expert*innenaustausch am 16. Juni 2021 warfen die Teilnehmenden besonders einen Blick darauf, welche sozialen Gruppen besonders vulnerabel sind. Auch ging es darum, welche Bedürfnisse Mieter*innen haben, wie sie von der Wärmewende profitieren können und welche Rahmenbedingungen nötig sind, damit die Wärmewende positive soziale und klimaschützende Wirkungen aufweist.

Um zu verdeutlichen, vor welcher Ausgangssituation Mieter*innen in der Wärmewende stehen, präsentierten die Forschenden des Öko-Instituts und des IÖW modellbasierte Berechnungen möglicher Be- und Entlastungssituationen von Mieter*innen durch energetische Sanierungen und gingen auf die besondere Situation vulnerabler Haushalte ein. Die anschließende Diskussion drehte sich um Verteilungswirkungen, die Betroffenheit und die Bedürfnisse von Mieter*innen. Dabei wurde deutlich, dass Belastungen durch steigende Mietkosten in Berlin und mögliche Umlagen nach Sanierung sehr ungleich über die Berliner Haushalte verteilt sind.

Brennpunkt im Fokus: In welchen Haushalten kommen energetische und soziale Probleme zusammen?

Die Expertinnen und Experten hoben hervor, dass der Fokus dorthin gelegt werden muss, wo sich energetische und soziale Problemlagen überschneiden. Dafür müsse zunächst eine Daten- und Informationsgrundlage geschaffen werden, denn oftmals ist nicht bekannt, welche Haushalte betroffen sind. Insbesondere in den ersten Jahren nach einer Sanierung können für Mieter*innen Mehrkosten entstehen, vor allem wenn neben der energetischen Sanierung zeitgleich weitere Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Eine zentrale Stellschraube dafür, wie stark Mieter*innen tatsächlich finanziell belastet werden, ist die öffentliche Förderung, die – sofern sie in Anspruch genommen wird – den Umlagebetrag auf die Mieten senkt.

Klimabonus, Beratungsangebote, Warmmietenneutralität

Daher wurden konkrete Maßnahmen wie der Klimabonus, Beratungsangebote oder eine Warmmietenneutralität diskutiert, die Mieter*innen schützen und unterstützen können. Handlungsbedarf identifizierten die Expert*innen auf mehreren Ebenen: Maßnahmen müssen sowohl Mieter*innen und Vermieter*innen ansprechen, auf die Zielgruppen zugeschnitten sein und Sozialpolitik und Klimapolitik zusammenbringen. Bisherige Ansätze bieten dies noch nicht ausreichend. Vermieter*innen brauchen zusätzliche Anreize, um Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen und Förderung in Anspruch zu nehmen. Soziale Unterstützung für Mieter*innen muss attraktiv und einfach sein, um vulnerable Gruppen zu schützen. Als wichtig erachten die Fachleute vor allem auch eine gute und transparente Kommunikation an Mieter*innen sowie Akzeptanz und Vertrauen über Beteiligungsmöglichkeiten zu stärken.

Die Ergebnisse des Fachgesprächs werden in dem Projekt in einem Arbeitspapier zur sozialverträglichen Gestaltung der Wärmewende aufgearbeitet und in ein Policy Paper einfließen, das Empfehlungen für den Schutz besonders vulnerabler Haushalte geben wird.

Schlagworte

Energetische Sanierung, Gebäude, Sozialverträglichkeit, Klimabonus, Beratungsangebote, Warmmietenneutralität